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„Faust“ in Bewegung. Ein Theaterpädagogik-Workshop an der Josef-Durler-Schule

Goethes „Faust. Der Tragödie erster Teil“ gilt als Meisterwerk in deutscher Sprache, als Ausdruck optimistischen Fortschrittsglaubens, Manifestation eines autonomen Subjekts und in der Figur Margarete auch als Kritik des Juristen Goethe am Rechtsleben seiner Zeit– oder auch als Tragödie des neuzeitlichen Individuums und als „Katastrophe der modernen Zivilisation“ (Michael Jaeger). 

Das mit der Katastrophe würden inzwischen manche Abiturientinnen und Abiturienten unterschreiben. Denn ihnen ist Goethes Sprache fremd, selbst die vielen geflügelten Worte im „Faust“ sind an ihren Ohren bisher ungehört vorbeigeflattert. Warum ein Mensch wissen will, was die Welt im Innersten zusammenhält, kann die Generation Google kaum nachvollziehen – und dann ist da noch die skandalöse Liebe des älteren Gelehrten zu einem 14jährigen Mädchen. Das Drama bleibt auch deshalb oft fremd, da gerade die jetzigen Oberstufenschüler:innen meist ganz wenig Theatererfahrung mitbringen. Denn die Bühnenhäuser waren wegen Corona lange Zeit geschlossen und öffnen ihre Zuschauerräume auch jetzt nur noch für weit weniger Publikum als vor der Pandemie.

Wie also bringt man heute den Schülerinnen und Schülern den „Faust“ näher? Glücklicherweise hat das Theater Baden-Baden in dieser Spielzeit noch seine Faust-Inszenierung im Programm. Thorsten Lenz und Eva Kormann konnten so zahlreichen Schülerinnen und Schülern des Technischen Gymnasiums der Josef-Durler-Schule den Blick auf einen entschlackten, stringent modernisierten „Faust“ ermöglichen. 

Das Badische Staatstheater Karlsruhe hat zwar coronabedingt seine eigene Faustinszenierung im Stummfilm-Stil abgesetzt, aber die Theaterpädagogik hat während der Theaterschließung 2020 einen witzigen Faustfilm für Digital Natives in Pandemiezeiten entwickelt. Benedikt Kömpf-Albrecht, Theaterpädagoge fürs Schauspiel am Badischen Staatstheater kam, den Film im Gepäck, auf Einladung von Eva Kormann mit Emma Flemming, die am Karlsruher Theater ein Freiwilliges Soziales Jahr Kultur absolviert, an die Josef-Durler-Schule. Die beiden rockten zunächst im lichten, weiten Veranstaltungssaal der Schule in zwei aufeinander folgenden Workshops Klassen der Jahrgangsstufe1, das Mechatronik- und das Gestaltungs- und Medientechnik-Profil: Die Schülerinnen und Schüler konnten sich in diesen Workshops mit Bewegung und Betonung den Gedanken und Gefühlen, die im „Faust“ lebendig werden, annähern. Im Anschluss dann gab es jeweils den Karlsruher Film, der Goethes „Faust“ durchaus behutsam ins Zoom-, Instagram- und Tinder-Zeitalter versetzt. Dass Faust, Mephisto und Margarete im Video sich jeweils mit drei Worten selbst beschreiben sollten, hat den Nerv der Schüler:innen und Schüler der Jahrgangsstufe 1 getroffen.

Text und Foto: Prof. Dr. Eva Kormann