Wer jetzt noch anders handeln kann,
Der ist ein Schuft, kein Ehrenmann.
Und wenn kein Schuft, so müßt er hirnlos seyn,
Denn unerträglich ist die Höllenpein,
Im Fürsten-Teufelsdienst noch länger Vieh zu seyn.
(Josef Durler im Rastatter Wochenblatt vom 23. May 1849)1
Seit 2006 ist Josef Durler der Namensgeber unserer Schule. Die 1834 gegründete Gewerbeschule, die aus einer Zeichenschule (gegründet 1804) hervorging, hat im Laufe der Zeit einen starken Wandel erfahren, dem der schlichte Name „Gewerbeschule Rastatt“ zunehmend nicht mehr gerecht wurde. Die Schule vereint seit mehreren Jahren neben der klassischen dualen Berufsschule viele Schularten, die zu erweiterten Abschlüssen führen. Bereits in den 90er Jahren kam daher die Überlegung auf, der Gewerbeschule Rastatt einen Namen zu geben. Viele Namenvorschläge wurden gemacht, aber keiner passte so recht. Bis Ulrich Mecking (1940-2022), ehemaliger stellvertretende Schulleiter der JDS, mit einem Vorschlag kam. Mecking arbeitete an einer Schulchronik, als er bei seinen Recherchen auf eine faszinierende Gestalt stieß, die fortan seinen Forschergeist wecken sollte: Josef Durler.
1806 in Hüfingen geboren, führte Josef Durlers Weg als Zeichenlehrer nach Rastatt, wo er Schulleiter werden sollte. Bevor er 1840 eine feste Lehrerstelle an der Gewerbeschule Rastatt antreten konnte, musste Durler jedoch einige Rückschläge hinnehmen. Schon 1826 hatte er als Lehrer in Neuhausen bei Engen gearbeitet, aber sehr wenig verdient. Die lukrativen Stellen, auf die er sich bewarb, bekam er nicht. Da Durler jedoch ein großes Zeichentalent hat, konnte er sich seinen Unterhalt bis zu seiner Anstellung als Lehrer in Rastatt verdienen, indem er zahlreiche Lithografien mit Stadtansichten von Rastatt anfertigte und verkaufte.
1847 wurde er dann Schulleiter der Gewerbeschule Rastatt. Doch seine Schulleiterkarriere währte nicht lang. Am Datum seines Amtsantritts lässt sich ablesen, dass er in einer bewegten Zeit lebte. Eine Zeit, die nicht nur für ihn persönlich, sondern auch für die politische Entwicklung in ganz Baden und Deutschland eine große Rolle spielen sollte: Die badische Revolution von 1848/49. Durler bekam die Ungerechtigkeit, die zu jener Zeit in seinem Land herrschte, wahrscheinlich selbst zu spüren. Er setzte sich deshalb für Freiheit und Gleichheit ein. Und für das Erreichen dieser Ziele setzte er zudem seine Existenz und letztendlich sein Leben aufs Spiel.

vom 1. Oktober 1836 mit einer Anzeige für
„Zeichungs-Untericht“ angeboten von Josef Durler:
„Zeichnungs-Lehrer J. Durler dahier, giebt in seiner
Wohnung bey. Metzker Burgard neben Handelsmann
Geiger, jede Woche 4 Stunden Unterricht in freyer
Hand- und Architekturzeichnung monatlich für 1 fl.
30 kr. Zugleich empfiehlt er sich auch zur Fertigung
von Zeichnungen jeder Art und zu Ausführung von
Kopien in Tusch- und Kreidemanier auf besondere
Bestellung. Seine Leistungen werden Alle befriedigen,
die ihr Zutrauen ihm schenken wollen.“ 2
Vom freiheitsliebenden Geist, der im Land wehte, angesteckt, trat Durler 1849 dem in Rastatt gegründeten „Volksverein“ an und bekleidete dort das Amt des Schriftführers. Die Mitglieder dieser im ganzen Großherzogtum Baden verbreiteten demokratischen Volksvereine setzten sich für die von der ersten deutschen Nationalversammlung beschlossene Reichsverfassung ein, die persönliche Freiheit und Grundrechte für alle versprach. Durlers Bekenntnis zu einer solchen politischen Gesinnung stieß nicht bei jedermann auf Zustimmung. In einem anonymen Zeitungsartikel wurde Durler als „großmäuliger Schreyer“ diffamiert, „dessen politisches Leben ein schlechtes Vorbild für seine Schüler abgäbe.“
Am 23. May 1849 ließ Durler im Rastatter Wochenblatt ein Gedicht veröffentlichen, das keinen Zweifel an seinen revolutionären Gedanken ließ: „unerträglich [sei] die Höllenpein, Im Fürsten-Teufelsdienst noch länger Vieh zu seyn“.
Es waren mutige Worte von Durler in einer Zeit, in der eine (freie) Meinung die eigene Freiheit kosten konnte. Und so kam es dann auch: Am Ende der Badischen Revolution, nach der Kapitulation der Bundesfestung Rastatt am 23. Juli 1949, wurden politische Gegner landesweit verfolgt. Josef Durler wurde seines Amtes enthoben und inhaftiert. Obwohl er „unter spezieller polizeylicher Aufsicht“ stand, gelang ihm die Flucht in die Schweiz. Am 12. Juli 1850 wurde er in Abwesenheit zu einem halben Jahr Zuchthaus verurteilt.
Wie viele Revolutionäre soll Josef Durler 1853 versucht haben, nach Amerika ins Exil zu gehen. Laut einer Mitteilung im „Gedenkbuch eines Malers“ von Lucian Reich, sei das Schiff jedoch während der Überfahrt gesunken, wobei Durler vermutlich zu Tode kam.
Das, wofür Josef Durler damals einstand, hat auch in der heutigen Zeit nichts an Aktualität verloren. „Vieles, was damals diskutiert worden ist: Bildung für alle, Ausgleich zwischen arm und reich, Vermeidung der Spaltung der Gesellschaft, Gemeinwesen-Orientierung – das ist sowas von aktuell.“3 Diese Aussage von Tobias Engelsing (Direktor der Konstanzer Museen) zur Badischen Revolution trifft sicher auch auf Josef Durler zu.
Josef Durler ist ein starkes Beispiel dafür, wie wichtig Demokratie, Freiheit und Menschen-rechte sind. Er hat sich für die Ziele der demokratischen Erneuerung eingesetzt und dafür einen großen Preis bezahlt. Der Name Josef Durler steht für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Sein bürgerliches Engagement und seine freiheitliche Gesinnung sind für unsere Schulgemeinschaft ein großes Vorbild.

Weitere Informationen zur Badischen Revolution:
Text und Fotos: Heidi Skirde
- Ulrich Mecking: Josef Durler, Dokumente seines Lebens, 2006 ↩︎
- Archivband des Badischen Tagsblatts, dokumentiert von Ulrich Mecking in Josef Durler. Dokumente seines Lebens, 2006, S.104 ↩︎
- https://www.swr.de/swrkultur/wissen/die-badische-revolution-1848-auftakt-zur-liberalen-demokratie-swr2-wissen-2023-05-16-100.html ↩︎
Zitat zu Lithographie Nr. 7 aus: Aufsatz aus dem Faltblatt des Stadtmuseums Rastatt von 1999 zur Ausstellung „Rastatt in der Revolution 1848/49, dokumentiert von Ulrich Mecking in Josef Durler. Dokumente seines Lebens, 2006, S.147