„Das Weltklimaspiel hat meine Sicht auf den Planeten verändert“, lautet das Fazit eines Schülers der 12. Klasse im Profil Gestaltungs- und Medientechnik am Technischen Gymnasium der Josef-Durler-Schule (JDS). Drei Tage lang hat sich die Klasse mit dem von der österreichischen Weitblick GmbH entwickelten interaktiven Brettplanspiel intensiv auseinandergesetzt. Sie hatte den Zuschlag für dieses Pilotprojekt erhalten, das erstmals in Baden-Württemberg organisiert wurde.
Zunächst erwartet die 25 Schülerinnen und Schüler ein Spielfeld, das unserem Planeten nachempfunden ist: Es gibt mehrere Kontinente auf „Orasis“ mit fünf Ländern mit Fantasienamen wie Pasgana oder Zentari, Meere, Eis, Wüsten, Wälder, bewohnte und unbewohnte Landstriche. Spielleiter Thomas Weber, Projektleiter für das Spiel bei Weitblick, gibt die Ausgangslage in den verschiedenen Ländern hinsichtlich Nutzung, Bevölkerungsdichte, Zustand der Ökosysteme und der Natur vor und versieht die Jugendlichen mit diversen Rollen wie Vertreter von Industrieunternehmen, Politiker oder Mitglieder der Zivilgesellschaft. Auf einer Skala am rechten Spielfeldrand lässt sich die Lebensqualität in den einzelnen Ländern ablesen, auf der linken Seite zeigt ein Thermometer den jeweils aktuellen Grad der Planeterwärmung an. Auch der Zustand der Atmosphäre durch CO2-Emissionen bzw. CO2-Senken verändert sich im Laufe des Spiels.

„Die Jugendlichen werden ins kalte Wasser geworfen“, sagt Spielleiter Weber. „Sie erhalten den Auftrag, die Verantwortung für den Planeten zu übernehmen und ihn zu gestalten mit dem Ziel, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern und den Planeten zu bewahren.“ Durch die zugewiesenen Rollen gebe es klare Handlungsaufträge und es gelte zu verhandeln, um das Optimale herauszuholen. Mit Ausdauer und großer Ernsthaftigkeit, aber auch viel Spaß wird gespielt, diskutiert und verhandelt, gekauft und verkauft.
„Es ist wichtig zu erleben, dass und wie mein Verhalten die Welt verändern kann, sowohl im Guten als auch im Schlechten“, wird ein Spielteilnehmer später im Feedback schreiben. „Man sollte darauf achten, welche Auswirkungen das eigene Handeln haben kann.“ Konfliktlösungsstrategien, der Umgang mit Unsicherheit und Überforderung sowie das Abwägen des Konflikts Individuum versus Kollektiv sind soziale Kompetenzen, die beim „Weltklimaspiel“ gefördert werden sollen. „Aus fachlicher Sicht geht es um das Klimawissen, bei dem alle 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung (SDGs) abgebildet sind, was durchaus zu Interessens- und Zielkonflikten innerhalb der drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales führen kann“, erläutert der Projektleiter. Das Zusammenwirken und die kurz- und langfristigen Auswirkungen menschlichen Handelns werden erlebbar.


Gestartet wird im Jahr 2000, eine Spielrunde umfasst zehn Jahre. Nach Ablauf jeder Dekade wird Bilanz gezogen. Dazu werden die Strategien der Spielteilnehmer in einer App mit Datenbank gespeichert. Eine wissenschaftlich fundierte Simulation berechnet die Treibhausgaszirkulation, die den IPCC-Report (Intergovernmental Panel on Climate Change) als Hauptquelle nutzt. In ihrer App können die Jugendlichen unter anderem Verkäufe tätigen, ihren Kontostand einsehen sowie Kapital- und Warenströme nachverfolgen. Immer wieder müssen Verträge mit anderen Ländern oder Organisationen geschlossen werden. „Es ist wichtig, dass alle zusammenarbeiten, nur im Team kann man viel erreichen“, so die Erkenntnis einiger Schülerinnen und Schüler. Am Ende des Spiels ist es den Jugendlichen gelungen, das Ruder herumzureißen: Auf dem Spielbrett dominiert die Farbe Grün, die Erwärmung des Planeten konnte wieder Richtung 1,5 Grad zurückgefahren werden
Das Spiel sei seit einem Jahr auf dem Markt, erläutert Weber. Für die angestrebte Internationalisierung, zunächst im deutsch-, dann im englischsprachigen Raum, bedürfe es Kooperationspartnern wie der BiWAz gGmbH in Forbach, der Universität Augsburg oder dem Haus der Natur in Salzburg. Unterstützt wird Projektleiter Thomas Weber an der JDS von den beiden Spielleitern Alisia Gille und Robin Miller. Beide arbeiten als Sozialarbeiter und sind freiberuflich für BiWAz tätig.


Die Weitblick GmbH ist eine gemeinnützige GmbH, die sich die psychosoziale Gesundheit junger Menschen einerseits und die Entschärfung der Klimakrise andererseits auf die Fahne geschrieben hat. „Es ist erklärtes Ziel des Spiels zu zeigen, dass wir angesichts der Klimakrise nicht hilflos sind, sondern etwas tun können“, erklärt Thomas Weber. „Die Teilnehmer sollen erleben, dass sie nicht alleine dafür verantwortlich sind, die Welt zu retten.“ Das durchweg positive Feedback der Jugendlichen scheint dieser Zielsetzung Rechnung zu tragen: „Wir können alles schaffen“, so ein Schüler, „das gemeinsame Arbeiten bringt uns an unser Ziel!“
Text: Walburga Langen-Droll
Fotos: Walburga Langen-Droll / Heidi Skirde / BiWAz